→ Complex regional pain syndrom
→ Ehemals: Mb. Sudeck oder auch Sympathische Reflexdystrophie
→ Heilentgleisung mit übermäßigen Schmerzen und Funktionseinschränkungen an der betroffenen Extremität
→ CRPS tritt häufig nach Verletzungen (speziell der Extremitäten) auf, die Ursachen sind ungeklärt, es gibt aber bekannte Risikofaktoren und häufig auftretende Auslöser. Man kann es auch als einen regionales, posttraumatischen, neuropathischen Schmerz bezeichnen. Die Beschwerden und Symptome stehen in keinem Verhältnis zur ursprünglichen Läsion/ Trauma.
→ CRPS ist keine Erkrankung der oberen Extremität, tritt zwar typischerweise dort auf, kann aber genauso an anderen Gelenken vorgefunden werden.
Vorkommen:
Frauen sind häufiger betroffen als Männer (Verhältnis ca. 3,5 >1), vor allem im mittleren und späten Erwachsenenalter.
Pathogenese:
Ungeklärt!
Eine gängige Theorie: Gestörter Ablauf der Wundheilung. Es kommt zur Entzündung, bei der die Mediatoren (u.a. Substanz P,…) nicht ausreichend abgebaut werden können und die neurogene Entzündungsreaktion verlängern. Dieselben Entzündungsmediatoren werden auch im ZNS ausgeschüttet und das zuständige Neuron wird vermehrt sensibilisiert. Durch die sympathikusbedingte Vasokonstriktion kommt es zusätzlich zu einer Minderversorgung des Gewebes und zu einem insuffizienten Rücktransport von Abfallprodukten. Es kommt auch zu einer Reorganisation von der Aufgabenverteilung im Gehirn (wie bei Phantomschmerz!), das heißt das Gehirnareal, dass die Sensomotorik der Hand verarbeitet, baut ab oder wird weniger angesteuert, oder übernimmt stattdessen andere Aufgaben und die Funktion der Hand kommt zu kurz.
Auch diskutiert werden genetische Faktoren (in Form von genetischen Prädispositionen) und auch psychische Nebenerkrankungen und Eigenschaften scheinen einen Einfluss auf die Entstehung von CRPS nach Verletzungen und OPs zu haben.
Risikofaktoren und Ursachen:
Typische Verletzungen, die vorangehen können: Distale Radiusfraktur (häufigste Verletzung, die mit CRPS einhergehen kann!) Kontusions- und Distorsionstraumata Nervenläsionen OPs und Frakturen generell an der oberen Extremität; v.a. nach wiederholten Repositionsversuchen, bei instabiler Ruhigstellung und einschnürenden Gipsverbänden
Schlaganfall
Erfrierungen oder Verbrennungen
Weitere Risikofaktoren:
Arbeitsunfälle
Stress
Psychische Faktoren wie Depressionen, Ängste, emotionale Labilität,…
Beginn häufig einhergehend mit: Immobilisation, Injektionen, OPs, Trauma
Unterteilung:
Typ 1: Vorangehendes Trauma ohne Nervenverletzung
Typ 2: Vorangehendes Trauma mit Nervenverletzung eines peripheren Nervens (auch Kausalgie früher) Ist nach Schlaganfall möglich!
Stadien:
Rotes Stadium/ Akute Entzündung: Typische Entzündungszeichen, aber länger und stärker ausgeprägt als physiologisch; bis zu 3 Monaten!
Blaues Stadium: Dystrophie und degenerative Veränderungen bis ca. 1/2 Jahr, beginnende Funktionseinschränkung
Weißes Stadium: Atrophie, Gewebsschwund, bis zu 1 Jahr, irreversibel, kann fortschreiten bis zur völligen Unbrauchbarkeit der Extremität
Klinik/ Befund:
Stadium 1: - Allodynie (gesteigerte Sensibilität), Hyperalgesie (unverhältnismäßige Schmerzen!) Verringerte Sensibilität, Missempfindungen, Hypo- oder Hyperalgesie; übersteigerte Berührungsempfindlichkeit - Schwellung, Ödeme - Vermehrte Schweißbildung, glänzende, überwärmte Haut - Veränderte Durchblutung der Haut und damit Veränderung der Hautfarbe: am Anfang Rötung, später Blässe!
Stadium 2: - Veränderung der Hauttemperatur, tendenziell kühl - Trophische Veränderungen: Dicke, brüchige oder steife Nägel Eventuell vermehrte oder veränderte Behaarung der Extremität - Fibrosierung (vermehrte Bildung von Bindegewebszellen) - Osteoporose (nur/ verstärkt an der betroffenen Extremität), Entkalkung im Röntgen sichtbar - Glatte, marmorierte Haut, blass, zyanotisch, glänzend, langsam atrophierend - Muskelschwund, Schwäche - Beginnende Schrumpfung der Kapsel, Bewegung wird langsam eingeschränkt bis hin zur Inabilität, die Extremität zu bewegen; Steifigkeit der betroffenen Gelenke
Stadium 3: - Tremor, Gebrauchsunfähigkeit, „wetterabhängig“ - Starke Bewegungseinschränkungen, Einschränkungen bei komplexen Bewegungen - Dystonie - Atrophie - Weichteilschrumpfung und Knochenatrophie - Keine anhaltenden Schmerzen mehr
→ Zusammengefasst:
Muskuläre Schwäche
Sensible Störungen
Fehlregulation des Sympathikus
Zunehmende Entkalkung
Versorgungsstörung der Extremität
Teufelskreis aus Bewegungsangst und Vermeidung: Schmerz → Angst vor Bewegung/ übermäßiges Schonen der Extremität → Tonus steigt (zum Schutz) → Durchblutung/ Trophik wird schlechter, Sympathikus/ Stress steigt → mehr Schmerz und Funktionseinschränkung → …
Diagnostik:
Anamnese, Befund
Röntgen (Demineralisierung)
Knochendichtemessung
Szintigrafie/ MRT
Thermografie und Schweißtest
→ Immer im Seitenvergleich, da keine der Untersuchungen alleinstehend aussagekräftig ist.
PT Ziele und Maßnahmen:
→ PT meist erst ab 2. Stadium, im ersten vor allem Ruhe (so wurde es bei uns unterrichtet, es gilt bei solchen KHB auf dem neuesten Stand zu bleiben. :)
Ziele:
Schwellung und Schmerz reduzieren
Vermeiden/ Verringern trophischer Störungen
Erhalt der Gelenkbeweglichkeit und der Muskelkraft
Oben benannter Teufelskreis sollte unterbrochen werden
→ aus der aktuellen Evidenz:
Nutzung von Neuroplastizität zum Erhalt oder Wiedererlangen von Bewegung
Explain Pain: Aufklären über Schmerzphysiologie, Risikofaktoren, Hypersensibilität und Vermeidung
Bewegungsangst reduzieren
Selbstwirksamkeit erhöhen
Erhalt und Förderung der Selbstständigkeit
Verbesserung des Stressmanagements
Aufklärung und Anpassen von Hilfsmitteln wie Schienen und Taping (nur in Kombination mit Aktivität!)
Maßnahmen und Training so wählen, dass der Patient es problemlos zu Hause allein durchführen kann, da mehrmals täglich geübt werden sollte
Entspannungsfähigkeit verbessern
Positive reaffirmieren, Erfolgserlebnisse aufzeigen und zelebrieren, positive Sprache, Chancen aufzeigen (ohne Heilversprechen)
Maßnahmen (fürs Staatsexamen):
Passives und Assistives Bewegen
Manuelle Therapie (Ich wüsste jetzt nicht, welche Maßnahmen hier sinnvoll wären, aber so wird es unterrichtet.)
Manuelle Lymphdrainage (vor allem bei Beginn, aber schmerzadaptiert)
Schmerzfreies Bewegen, Spannungsübungen (vorsichtige Isometrie), Haltungsschulung
Entspannungstechniken
Bei akuter Schwellung: Cryotherapie und Hochlagern
Hydrotherapeutische Maßnahmen wie Vierzellenbad und wechselwarme Bäder und Güsse an der nicht betroffenen Seite
Elektrotherapie: zB. Diadynamische Ströme (CP, LP) segmental
Bindegewebsmassage segmental
Maßnahmen aus den Guidelines zur Evidenzbasierten Therapie:
Quelle: PhysioMeetsScience: https://physiomeetsscience.com/interventionen-bei-einem-komplexen-regionalen-schmerzsyndrom-crps/
Visualisierung der Anwendung von verschiedenen Reizen auf der Haut, Wahrnehmen und Beobachten von verschiedenen Reizen an nicht schmerzhaften Körperteilen
Spiegeltherapie
Desensibilisierung
Virtual Reality Training
Graded Activity: Stufenweises Geh- und Bewegungstraining und Training von ADLs
Übungen mit und ohne Zusatzgewicht
Nervale Gleitmobilisationen: mit Vorsicht! Es sollte keine starken Schmerzen verursachen.
Schienung/ Taping zur Entlastung bei Kompression oder quasi "Gate Control"/ Placebo um Bewegung angenehmer zu gestalten. Nicht dauerhaft und nur in Kombination mit Bewegung sinnvoll.
Stressmanagement: Achtsamkeitsübungen, Meditation, PMR, Autogenes Training, Beratung zur Belastungsgestaltung, Beratung hinsichtlich Psychotherapeutischer Betreuung vielleicht?, Entspannungstechniken wie Beine zur Seite/ Abhebeprobe aus der Atemtherapie als "manuelle" Techniken
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