Calcaneusfraktur
- Erik Hansen
- 7. Apr. 2021
- 2 Min. Lesezeit
Der Calcaneus nimmt als Teil des knöchernen Fußlängsgewölbes von cranial wirkende Kräfte auf und verteilt diese partial auf den horizontal stehenden Fuß. Zudem fungiert er als Hebelarm für den M. triceps surae, der über diesen die Plantaraponeurose spannt und somit das Längsgewölbe zusätzlich stabilisiert.
Seltene Fraktur, 1-2% aller Knochenbrüche (Zwipp et al., 2005)
In 10% der Fälle als bilaterale Fraktur (Badillo et al., 2011)
Ursachen:
Häufig bei Hochrasanztraumata durch axiale Stauchung
Sturz aus großer Höhe
Verkehrsunfall
Sportunfall
Häufig im Rahmen eines Polytraumas
Klassifikation:
Die Klassifikation nach Essex-Lopresti erfolgt anhand nativradiologischer Röntgenbilder
Typ I: Calcaneusfraktur ohne Beteiligung des unteren Sprunggelenks (Art. talotarsalis)
Fraktur des Tuber calcanei
Fraktur mit Beteiligung des calcaneocuboidalen Gelenks
Typ II: Calcaneusfraktur mit Beteiligung des Art. talotarsalis
nicht-dislozierte Frakturen
Joint Depression Type: (fast) vertikale Primärfraktur, bogenförmig nach cranial verlaufende Sekundärfraktur
Tongue Type: (fast) vertikale Primärfraktur, horizontale Sekundärfraktur des Corpus calcanei
Trümmerfraktur
Die Klassifikation nach Sanders erfolgt über den Grad der Dislokation in der posterioren Gelenkfacette des Calcaneus anhand koronarer CT-Bilder
Typ I: keine Dislokation
I A: Frakturverlauf lateral
I B: Frakturverlauf zentral
I C: Frakturverlauf medial
Typ II: Dislokation in eine Frakturlinie
II A: Dislokation lateral
II B: Dislokation zentral
II C: Dislokation medial
Typ III: Dislokation in zwei Frakturlinien
IIIA: Dislokation lateral und zentral
IIIB: Dislokation lateral und medial
IIIC: Dislokation zentral und medial
Typ IV: Dislokation in ≥ drei Frakturlinien
Symptome:
Dolor: Belastungs- und Abrollschmerz, Druckdolenz der Fußsohle
Tumor: Schwellung und Deformierung des Rückfußes
Rubor: Hämatom der Fußsohle
Functio laesa
Klinische Untersuchung:
Im Zusammenhang mit der Ursache (Hochrasanz-/Polytrauma) auch auf Begleitverletzungen von Femur, Becken und Wirbelsäule untersuchen!
Inspektion:
Deformierung und Schwellung des Rückfußes
Hämatombildung an der Fußsohle
Lokale Blässe --> Anzeichen einer Drucknekrose
Palpation:
Lokale Druckdolenz
Krepitation
Durchblutung? Sensibilität?
Bildgebung Röntgen:
Calcaneus lateral, Calcaneus axial, Fuß dorsoplantar
ggf. zusätzlich OSG-a.p.-Aufnahme
Befund:
Konturunregelmäßigkeit/Stufenbildung
Frakturlinie sichtbar
Böhler-Winkel: Stellung der dorsalen Gelenkfacette zum Corpus calcanei
Physiologisch: 28-40°
Pathologisch: Winkel <20°
Therapieverfahren:
konservative Therapie: bei nicht- oder gering dislozierten, extraarticulären Frakturen
Schwellungsreduktion
Hochlagerung, lokale Kühlung, NSAR-Gabe
passive Mobilisation, manuelle Lymphdrainage
Entlastung
Belastungsaufbau
Anpassung einer Fersenentlastungsorthese
3. Woche: Teilbelastung an Unterarmgehstützen
Anschließend Aufbelastung bis zur Vollbelastung
6. Woche: Einlage eines 1. Druckaufbaupolsters
8. Woche: 2. Druckaufbaupolster
10. Woche: 3. Druckaufbaupolster, Anpassung orthopädischer Schuhe
12. Woche: Röntgenkontrolle, Behandlungsabschluss
Regelmäßige Röntgenkontrolle während des Behandlungsverlaufes
operative Therapie: bei Stufenbildung >1mm, intraarticuläre Frakturen, Rückfußfehlstellung
ORIF = Offen Rekonstruiert Intern Fixiert
Nutzung einer winkelstabilen Plattenosteosynthese
Percutane Osteosynthese bei guter Frakturstellung und möglicher geschlossener Reposition
Selten Notwendigkeit einer primären Arthrodese
Bei offenen Frakturen:
Wunddebridement
Reposition, Osteosynthese mit Kirschnerdrähten
Temporäre Kunsthautdeckung
nach 2-3 Tagen 2nd-Look-OP mit definitiver Osteosynthese und Weichteildeckung
Nachbehandlung:
allgemeine Therapie: Dekubitus-, Kontraktur-, Pneumonie-, Thromboseprophylaxe
Unterschenkelspaltgips bis Abschluss der Wundheilung
Anschließend Fersenentlastungsorthese für 12 Wochen
Maßnahmen zur Schwellungsreduktion (s. oben)
CPM-Schiene ab Tag 2
Ab 5.-8. Tag post-OP: Anleitung zur aktiven Mobilisation des Sprunggelenks
Teilbelastung an Unterarmgehstützen 15kg
Gangschule, Stützengang, Treppensteigen
statisches Muskeltraining
OSG frei
Ab Woche 2: ADL-angepasste Therapie
Ab Woche 4: zusätzlich Muskelaufbau- und Gleichgewichtstraining (ohne Gerät)
Vollbelastung nach 6-12 Wochen (mit Orthese), danach ohne Orthese
Erweiterte Gangschule
Ausdauer- und Koordinationstraining
Intensivierung des Krafttrainings (am Gerät)
Ab 6. Monat: Sportfähigkeit für zyklische Sportarten
Ab 9. Monat: Sportfähigkeit für azyklische Sportarten
Komplikationen:
Kompartmentsyndrom
Bildung einer Pseudarthrose
Posttraumatische Arthrose
Posttraumatische oder postoperative Läsion N. suralis
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