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Calcaneusfraktur

Der Calcaneus nimmt als Teil des knöchernen Fußlängsgewölbes von cranial wirkende Kräfte auf und verteilt diese partial auf den horizontal stehenden Fuß. Zudem fungiert er als Hebelarm für den M. triceps surae, der über diesen die Plantaraponeurose spannt und somit das Längsgewölbe zusätzlich stabilisiert.


  • Seltene Fraktur, 1-2% aller Knochenbrüche (Zwipp et al., 2005)

  • In 10% der Fälle als bilaterale Fraktur (Badillo et al., 2011)



Ursachen:

Häufig bei Hochrasanztraumata durch axiale Stauchung

  • Sturz aus großer Höhe

  • Verkehrsunfall

  • Sportunfall

Häufig im Rahmen eines Polytraumas



Klassifikation:

Die Klassifikation nach Essex-Lopresti erfolgt anhand nativradiologischer Röntgenbilder

Typ I: Calcaneusfraktur ohne Beteiligung des unteren Sprunggelenks (Art. talotarsalis)

  • Fraktur des Tuber calcanei

  • Fraktur mit Beteiligung des calcaneocuboidalen Gelenks

Typ II: Calcaneusfraktur mit Beteiligung des Art. talotarsalis

  • nicht-dislozierte Frakturen

  • Joint Depression Type: (fast) vertikale Primärfraktur, bogenförmig nach cranial verlaufende Sekundärfraktur

  • Tongue Type: (fast) vertikale Primärfraktur, horizontale Sekundärfraktur des Corpus calcanei

  • Trümmerfraktur





Die Klassifikation nach Sanders erfolgt über den Grad der Dislokation in der posterioren Gelenkfacette des Calcaneus anhand koronarer CT-Bilder

Typ I: keine Dislokation

  • I A: Frakturverlauf lateral

  • I B: Frakturverlauf zentral

  • I C: Frakturverlauf medial

Typ II: Dislokation in eine Frakturlinie

  • II A: Dislokation lateral

  • II B: Dislokation zentral

  • II C: Dislokation medial

Typ III: Dislokation in zwei Frakturlinien

  • IIIA: Dislokation lateral und zentral

  • IIIB: Dislokation lateral und medial

  • IIIC: Dislokation zentral und medial

Typ IV: Dislokation in ≥ drei Frakturlinien



Symptome:

  • Dolor: Belastungs- und Abrollschmerz, Druckdolenz der Fußsohle

  • Tumor: Schwellung und Deformierung des Rückfußes

  • Rubor: Hämatom der Fußsohle

  • Functio laesa



Klinische Untersuchung:

Im Zusammenhang mit der Ursache (Hochrasanz-/Polytrauma) auch auf Begleitverletzungen von Femur, Becken und Wirbelsäule untersuchen!


Inspektion:

  • Deformierung und Schwellung des Rückfußes

  • Hämatombildung an der Fußsohle

  • Lokale Blässe --> Anzeichen einer Drucknekrose

Palpation:

  • Lokale Druckdolenz

  • Krepitation

  • Durchblutung? Sensibilität?

Bildgebung Röntgen:

  • Calcaneus lateral, Calcaneus axial, Fuß dorsoplantar

  • ggf. zusätzlich OSG-a.p.-Aufnahme

Befund:

  • Konturunregelmäßigkeit/Stufenbildung

  • Frakturlinie sichtbar

  • Böhler-Winkel: Stellung der dorsalen Gelenkfacette zum Corpus calcanei

    • Physiologisch: 28-40°

    • Pathologisch: Winkel <20°




Therapieverfahren:

konservative Therapie: bei nicht- oder gering dislozierten, extraarticulären Frakturen

  • Schwellungsreduktion

    • Hochlagerung, lokale Kühlung, NSAR-Gabe

    • passive Mobilisation, manuelle Lymphdrainage

    • Entlastung


  • Belastungsaufbau

    • Anpassung einer Fersenentlastungsorthese

    • 3. Woche: Teilbelastung an Unterarmgehstützen

    • Anschließend Aufbelastung bis zur Vollbelastung

    • 6. Woche: Einlage eines 1. Druckaufbaupolsters

    • 8. Woche: 2. Druckaufbaupolster

    • 10. Woche: 3. Druckaufbaupolster, Anpassung orthopädischer Schuhe

    • 12. Woche: Röntgenkontrolle, Behandlungsabschluss

Regelmäßige Röntgenkontrolle während des Behandlungsverlaufes



operative Therapie: bei Stufenbildung >1mm, intraarticuläre Frakturen, Rückfußfehlstellung

  • ORIF = Offen Rekonstruiert Intern Fixiert

    • Nutzung einer winkelstabilen Plattenosteosynthese


  • Percutane Osteosynthese bei guter Frakturstellung und möglicher geschlossener Reposition

  • Selten Notwendigkeit einer primären Arthrodese


  • Bei offenen Frakturen:

    • Wunddebridement

    • Reposition, Osteosynthese mit Kirschnerdrähten

    • Temporäre Kunsthautdeckung

    • nach 2-3 Tagen 2nd-Look-OP mit definitiver Osteosynthese und Weichteildeckung


Nachbehandlung:

  • allgemeine Therapie: Dekubitus-, Kontraktur-, Pneumonie-, Thromboseprophylaxe

  • Unterschenkelspaltgips bis Abschluss der Wundheilung

  • Anschließend Fersenentlastungsorthese für 12 Wochen

  • Maßnahmen zur Schwellungsreduktion (s. oben)

  • CPM-Schiene ab Tag 2

  • Ab 5.-8. Tag post-OP: Anleitung zur aktiven Mobilisation des Sprunggelenks

  • Teilbelastung an Unterarmgehstützen 15kg

    • Gangschule, Stützengang, Treppensteigen

    • statisches Muskeltraining

    • OSG frei

  • Ab Woche 2: ADL-angepasste Therapie

  • Ab Woche 4: zusätzlich Muskelaufbau- und Gleichgewichtstraining (ohne Gerät)

  • Vollbelastung nach 6-12 Wochen (mit Orthese), danach ohne Orthese

    • Erweiterte Gangschule

    • Ausdauer- und Koordinationstraining

    • Intensivierung des Krafttrainings (am Gerät)

  • Ab 6. Monat: Sportfähigkeit für zyklische Sportarten

  • Ab 9. Monat: Sportfähigkeit für azyklische Sportarten



Komplikationen:

  • Kompartmentsyndrom

  • Bildung einer Pseudarthrose

  • Posttraumatische Arthrose

  • Posttraumatische oder postoperative Läsion N. suralis

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